Ein Urlaub ohne Zelt ist möglich, aber sinnlos!*
*Bertram Becker, 2014, frei nach Vicco von Bülow (Loriot)
Wie man schon den vorangegangenen Artikeln entnehmen konnte, bin ich momentan ganz verrückt nach Camping bzw., genauer gesagt, nach Zelten. Mich reizt dabei die unmittelbare Nähe zur Natur, das ungezwungene Leben und der Kontakt zu den gleichgesinnten Nachbarn. Ein weiterer faszinierender Aspekt sind aber auch die damit verbundene Technik sowie das Planen und Optimieren des Equipments. Und überhaupt: ins Hotel kann ich auch noch mit 80! Jetzt nutze ich erst mal noch meine körperliche und gesundheitliche Fitness zum Zelten aus.
Die Liebe zum Zelten rührt wahrscheinlich aus meiner Kindheit her. Seit ich 3 Jahre alt war, fuhren meine Eltern mit mir mit dem Zelt nach Caorle an die Adria/Italien. Ich bin quasi mit Zelten und Camping aufgewachsen. Als ich selbst Kinder hatte, haben meine Frau und ich allerdings Ferienwohnungen und -häuser den Vorzug gegeben. Erst mit dem Metal Open Air Festival in Wacken habe ich 2012 meine in mir schlummernde Camping-Leidenschaft wieder neu entdeckt.
Weil ich in letzter Zeit immer mal wieder darauf angesprochen wurde, möchte ich in diesem und einigen folgenden Beiträgen meine Ausrüstung vorstellen. Vielleicht kann ich damit dem einen oder anderen interessierten Zeltneuling ein paar Anregungen geben. Andersherum kann natürlich auch ich noch Tipps und Verbesserungsvorschläge gebrauchen. Über entsprechende Kommentare würde ich mich sehr freuen!
Informationsquellen rund ums Camping
Wie bei fast jedem Hobby ist auch beim Campen das Internet eine unerschöpfliche Quelle für Informationen. Hier eine kurze Liste mit meinen persönlichen Favoriten:
- Forum: campen.de. Ich treibe mich dort als „Skybert“ herum.
- Facebook-Gruppen: Camping – aus & mit Leidenschaft. und Zelten – aus & und mit Leidenschaft Hier bin ich jeweils als „Bertram Becker“ zu Gange.
- Suche und Bewertungsportal von Campingplätzen: camping.info. „Bertram-97“ ist mein Benutzername.
- Lieferanten: obellink.de, doorout.com, fritz-berger.de, outdoorbedarf.de, campz.de, camppartner24.de, kuhnshop.de, …
- Hersteller: outwell.com, coleman.eu, tentipi.de, dewaardtenten.nl, robens.de, vaude.com, eureka.com, decathlon.de, skandika.com, …
Mein neues Zelt: Outwell Birdland S (2014)
Situation und bisheriges Zelt
Leider mag meine Frau das Zelten überhaupt nicht (mehr) und meine Kinder sind schon erwachsen und gehen eigene Wege. Also musste ich nur ein Zelt für mich alleine suchen. Der Hauptgrund für die Anschaffung ist das jährlich stattfindende Wacken Open Air (W:O:A) Metal-Festival in Wacken, das ich seit 2012 regelmäßig besuche. Ansonsten will ich damit aber auch ein paar Kurzurlaube verbringen und zwar dann, wenn ich durch meinen Arbeitgeber bedingt Betriebsferien habe, meine Frau berufsbedingt aber nicht. In 2012 und 2013 war ich mit dem ALDI-Zelt meiner Töchter in Wacken. Das war ein 5 Jahre altes Kuppelzelt. Es war nicht schlecht für seinen Preis (ca. 70 EUR), aber klein, nur in Krabbelhaltung zu nutzen und einige Nähte waren inzwischen auch schon undicht. Bei Regen musste ich eine Plastikplane überstülpen. Für Wacken 2014 wollte ich mir deshalb ein neues Zelt kaufen.
Meine Anforderungskriterien
Das Angebot an Zelten ist unüberschaubar. Es gibt unterschiedliche Typen und Größen. Jeder Typ, wie z.B. Kuppel-, Tunnelzelt, Tipi, hat seine Vor- und Nachteile. Man muss also Kompromisse eingehen. Einen ersten Überblick kann man sich mit Hilfe des Wikipedia-Artikels „Liste von Zelttypen“ verschaffen.
Meine Vorgaben waren Wacken-Tauglichkeit und dennoch ein gewisses Maß an Komfort. Insbesondere waren mir diese Faktoren besonders wichtig:
- Kleine Stellfläche, weil der Platz knapp ist in Wacken.
- Stehhöhe und zwar sowohl im Schlaf- als auch im Vorraum
- Gute Qualität, d.h. robustes Material, Stabilität auch bei Wind, wasserdicht
- Integrierter Fußboden, sowohl im Schlaf- wie auch im Vorbereich
- Unempfindlichkeit gegen Nässe beim Einpacken, d.h. es sollten sich nicht gleich Stockflecken bilden, wenn es mal 10-14 Std. nass im Auto verstaut ist.
Worauf ich nicht achten musste, waren das Gewicht und das Packmaß. Ich habe nicht vor, mit dem Zelt auf dem Buckel wandern zu gehen oder Radtouren mit Zelt durchzuführen.
Entscheidung für das Outwell Birdland S
Noch in den Wintermonaten 2013/14 machte ich mich auf die Suche nach einem geeigneten Zelt und recherchierte im Internet. Letztendlich fiel meine Wahl auf das Birdland S aus der De Luxe-Reihe von Outwell. Outwell ist ein dänischer Zelthersteller und genießt einen guten Ruf in Bezug auf Qualität. Es handelt sich um ein Tunnelzelt mit drei Stangenbögen und einem Dachvorsprung als Regenschutz. Das Material des Überzelts besteht aus Polyesterseide mit einer Wassersäule von 4000 mm. Es besitzt einen eingenähten Fußboden, der sich über das komplette Zelt erstreckt. Die separate Schlafkabine aus atmungsaktivem Polyester kann auch im verpackten Zustand eingehängt bleiben.
Einige Merkmale des Birdland S
Das Birdland S ist die kleinste Ausführung von insgesamt drei Größenvarianten. S ist herstellerseitig für maximal 3 Personen gedacht. Es gibt noch die Größen M (max. 4 Personen) und L (max. 5 Personen). Die Angaben bezüglich der Personenanzahl sollte man eher theoretisch sehen. Sie beruhen darauf, dass bei einer Gesamtbreite der Schlafkabine von 180 cm verteilt auf drei Personen nur eine Breite von gerade mal 60 cm pro Schlafplatz zur Verfügung steht. Auch wäre dann kein weiterer Stauraum für Gepäck im Schlafbereich mehr vorhanden. Für Kinder mag das gerade noch in Ordnung sein. Für Erwachsene halte ich den Platz für viel zu eng. Meiner Meinung nach sollte man deshalb von den offiziellen Herstellerangaben jeweils 1-2 Personen abziehen, um auf die tatsächlich praktisch anwendbare, realistische Anzahl zu kommen. Insofern ist das Birdland S für mich ein 1-2, aber kein 3 Personenzelt.

Outwell Birdland S: Blick nach innen beim Probeaufbau Anfang März 2014. Im hinteren Teil sieht man die geschlossene Schlafkabine.
Das Birdland S besteht aus einem Schlaf- und einem Wohnbereich. Mit einer Grundfläche von 4 x 2,5 m war es das Zelt mit der geringsten Stellfläche und dennoch Stehhöhe sowohl im Schlaf- als auch im Wohnbereich. Damit waren schon mal meine wichtigsten Anforderungskriterien erfüllt.
An der Frontseite besitzt mein Zelt einen Dachvorsprung, so dass die Wahrscheinlichkeit, dass Regen in den leicht schräg verlaufenden Eingangsbereich eindringt, eher gering ist. Es hat drei große Panoramafenster, wodurch genügend Tageslicht in das Zelt dringen und man auch das Geschehen außerhalb des Zelts beobachten kann. Über den beiden Seitenfenstern links und rechts außen sowie an der Rückseite im Bereich der Schlafkabine befinden sich Belüftungsschlitze, an denen man das Überzelt aufstellen und so für eine gute Belüftung sorgen kann.
Aufbau
Obwohl es ein Tunnelzelt ist, kann ich es auch alleine aufbauen. Inzwischen habe ich etwas Routine gewonnen und schaffe den Aufbau alleine in etwa 20-30 Minuten (ohne Abspannen). Das Abspannen erledige ich dann ganz gemütlich nach und nach. Bei Windstille spanne ich auch nicht alle Leinen ab. Das Birdland hat dennoch einen sehr guten Stand.
Birdland S vs. Rockwell 3
Es gibt von Outwell das fast gleiche Zelt auch als Typ „Rockwell 3“ aus der etwas preiswerteren Privilege-Serie. Beim Rockwell besteht das Gestänge komplett aus Fiberglas. Beim Birdland S ist die Hauptstange jedoch aus 19 mm-Stahlrohr und nur der Rest aus Fiberglas (∅ 12,7 und 11 mm bei den Rundbögen und 8,5 mm beim Dachvorsprung). Dadurch erhoffe ich mir eine größere Robustheit und Stabilität. Deshalb ist das Birdland auch ca. 50 € teurer als das Rockwell. Außerdem gibt es nur für das Birdland S die Erweiterungsmöglichkeit um einen Vorbau (Front Extension), mit dem man das Zelt um 2,80 m verlängern kann.
Weitere Goodies
Outwell stattet seine Zelte mit noch zahlreichen weiteren vorteilhaften Details aus: fest angebrachte, gelbleuchtende Abspannleinen mit Klettschlaufen zum Aufbewahren der zusammengerollten Schnüre, Windstabilisierungssysteme, die Zeltstange und Überzelt mit einem Klettverschluss zusätzlich zusammen halten, Kabeldurchführung, um ein Stromkabel von außen in das Zelt sowie innerhalb des Zelts zu verlegen, gelbleuchtende Heringe, Aufbewahrungstaschen in der Schlafkabine usw..
Polyester vs. Baumwolle
Das Überzelt besteht aus einer feuerhemmenden Polyestermischung. Outwell nennt diese „Outtex® 4000„. „4000“ bezieht sich auf die Wassersäule, d. h. 1 cm² Zeltstoff trägt 4.000 mm (4 m) Wassersäule, bevor das Wasser die Oberflächenbeschichtung durchdringt. Wollte ich mit dem Zelt mehrwöchige Urlaube verbringen, hätte ich möglicherweise einem Zelt mit einem Überzelt aus Baumwolle den Vorzug gegeben. Diese Zelte haben angeblich ein besseres Raumklima. Die Nachteile sind, dass sie teurer und schwerer sind, ein größeres Packmaß haben und es Stockflecken geben kann, wenn man das Zelt nass einpackt. Genau aus diesem Grund habe ich mich bewusst für ein Polyester-Zelt entschieden. Das Wetter in Wacken ist bekanntlich nicht immer das trockenste und es ist sehr wahrscheinlich, dass man sein Zelt bei Regen nass einpacken muss. Die Rückreise dauert bei mir meist zwischen 12 und 14 Stunden. Das wäre für ein Baumwollzelt nicht gut. Insofern hoffe ich, dass ich mit dem Birdland S mein optimales Zelt für Wacken gefunden habe.
Für ein „gutes Raumklima“ sind für mich mehrere Dinge entscheidend:
- Wie reagiert die Zeltaußenhaut auf Feuchtigkeit, die sich z.B. in Form von Tropfen an der Decke bemerkbar machen, sobald der Taupunkt erreicht ist? Befindet man sich dann in einer „Tropfsteinhöhle“ oder tauchen die Tropfen erst gar nicht auf? Hier dürfte ein Baumwollgewebe ganz klare Vorteile haben.
- Wie steht es um die Belüftungsmöglichkeiten des Zeltes vor allem bei hohen, sehr warmen Außentemperaturen? Das hat meiner Meinung nach mit der Gewebeart gar nichts zu tun, sondern damit, wie viele Belüftungsöffnungen vorhanden sind und ob man „Durchzug“ machen kann. Hierbei sehe ich eine Zeltkonstruktion mit mehr als einem Eingang eindeutig im Vorteil. Allerdings findet man dies meist nur bei großen Zelten. Bei kleinen Zelten dürfte die Stabilität leiden.
- Wie natürlich ist das Umgebungslicht im Zelt? Hier denke ich, dass einerseits die Stofffarbe der Zelthaut und andererseits die Anzahl und Größe der Fenster eine wesentliche Rolle spielen. Wobei die Farbe des Umgebungslichts sicherlich auch Geschmackssache ist, ähnlich wie bei Sonnenbrillen, die es auch in verschiedenen Tönungen gibt. Mit dem Grün vom Birdland bin ich jedenfalls sehr zufrieden. Es ist nicht zu grell hell aber auch nicht zu depressiv dunkel.
Preis
Das Birdland S habe ich zu einem Frühjahrs-Vorbesteller-Sonderpreis im Februar 2014 bei doorout.com für runde 296 € bestellt. Die Lieferung erfolgte dann Anfang März. Der von Outwell empfohlene Verkaufspreis beträgt knappe 380 €. Der Straßenpreis liegt derzeit (August 2014) bei ca. 349 €.
Im Teil 2 werde ich die Zelterweiterung „Front Extension“ des Birdland S vorstellen. Durch die Verlängerung um weitere 2,8 m gewinnt man deutlich mehr Platz.
Die Begeisterung für das Zelten kann ich teilen. Durch die 2CV Enten-Treffen kam ich zur ersten Ausstattung, ganz profan gehalten. Mit meiner Liebsten zogen wir dann mit Ente und Zelt jeden Sommer durch Europa und blieben wo es gefiel oder gutes Wetter war. Darunter waren auch vier Wochen GB, Schottland und Irland. Mit der kleinen Tochter gab es dann erst Ferienwohnungen, doch schon ab Vorschulalter zogen wir wieder mit Zelt los. Die letzten 6 Jahre mit einem Outwell Minnesota. Super Qualität und Ausstattung zu vernünftigen Preisen.
Einziges Manko: die Lüftungshauben über den Fenstern haben zu knappe/schwache/kurze Klettverschlüsse. Bei sehr stürmischen Regen gehen die auf wie ein Hungermaul und es kann Regen mit dem Wind eindringen. Hier hab ich noch keine gute Abhilfe geschaffen, obwohl ich versuche, immer den Zeltrücken in Luv zu stellen. Geht eben nicht immer.
Schwierig ist es durch die Tapung der Nähte auch, undichte Stellen zu lokalisieren. Seit 2 Jahren ärgert mich da so eine, obwohl auf voller Länge Nahtdichter geschmiert ist. Dafür kann ich es mit den drei Stahlbögen noch alleine in 30 min. aufstellen und habe Stehhöhe mit meinen 1,9m Länge. Es hielt jedem Sturm stand und nur beim Schütten aus Eimern drang vielleicht mal 200ml ein, die mit Tüchern aufgesaugt wurden. Dabei ist auch der Zeltteppich ideal, der oben immer trocken bleibt.
Unter dem ganzen Zelt (mit eingenähten Boden) ist noch eine Plane, unter den Schlafplätzen zwischen Plane und Bodenlege ich Schaumisomatten. Die halten von unten mollig und bilden ein Wall gegen ev. Fließende Pfützen innen.
Vorteil ist eindeutig die flexible freie Standortwahl, KFZ-Geschwindigkeit beim Autobahnfahren und Verstauen der Sachen im Keller. Zumindest vor 10 Jahren waren die Campingplätze auch deutlich günstiger als Wohnungen, heute nicht mehr immer. Dafür braucht man auch Zeit für Auf- und Abbauen, hat viel Gepäck im Wagen/Dachbox, und ist bei schlechten Wetter doof dran (besonders Auf- und Abbauen). Dennoch ist das Zelten unsere bevorzugte Ferienreise.
Dieses Jahr hatten wir aus Gründen ein Holliday Cottage, aber nächstes Jahr zelten wir bestimmt wieder…
Danke für die ausführliche Beschreibung. Habe mir das Zelt heute auch bei McTrek für 299,- bestellt. Die Vorgaben waren bei mir eigentlich die gleichen. Dazu kam noch, dass ich ein Feldbett (Outwell Posadas) benutzen will. Einsatzbereich soll primär Rock am Ring sein, wo ich eigentlich seit 10 Jahren verschiedene Aldi-zelte benutze. Aber mit Mitte 30 steigt so langsam das Bedürfnis nach etwas Komfort in Form eines Aufrecht begehbaren Zeltes und einer Schlafunterlage, von der man auch noch am Montag-Morgen nach dem Festival ohne Kran hochkommt :-)
Zusätzlich erhöht sich auch die Wahrscheinlichkeit, dass ich das Zelt mal für Kurztrips nutze,was mir mit dem Kriech-zelt wohl zu unbequem gewesen wäre. Bin sehr gespannt auf das Zelt und hoffe, dass das Wetter bald einen Probeaufbau zulässt.